Sa. Apr 27th, 2024

Rund 1,5 Millionen Deutsche nehmen regelmäßig und über längere Zeiträume Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine. In den meisten Fällen sind es Präparate wie Diazepam (Valium), die mit einem normalen Arztrezept erhältlich sind. Allerdings haben diese Medikamente ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Neueren Studien zufolge steigt zudem das Demenzrisiko durch Benzodiazepine, vor allem im Alter.

Sie stellen rasche Abhilfe bei den verschiedensten Problemen in Aussicht. Ob Schlafstörungen, Angst, Trauer, Panik, Krämpfe oder Verspannungen: Benzodiazepine, allen voran das weit verbreitete Diazepam, beheben das. Doch was auf kurze Sicht hilfreich ist, führt im Handumdrehen zu Komplikationen. Die Medikamente erzeugen binnen Wochen eine Abhängigkeit. Wer die Einnahme beenden möchte, wird oft mit schweren Absetzerscheinungen konfrontiert. Die Symptome reichen von Angst und Beklemmung bis hin zu Halluzinationen und Suizidgedanken.

Experten empfehlen, Benzodiazepine nur in der niedrigsten wirksamen Dosierung und nur innerhalb genau definierter Zeitfenster einzunehmen, höchstens für 14 Tage. Die US-Initiative Public Citizen ist noch radikaler. Sie plädiert seit Langem für einen generellen Verzicht auf die umstrittenen Wirkstoffe. Aktuelle Forschungsergebnisse scheinen den Standpunkt der Skeptiker zu stützen: Senioren, die eines der in Frage stehenden Arzneimittel verwenden, leiden deutlich öfter unter Demenz.

Über Jahrzehnte hinweg fand der Verdacht, dass Valium & Co. die Entwicklung einer Demenz fördern, nur geringe Beachtung. Früheren Forschungsarbeiten mangelte es aufgrund methodischer Schwächen oder inkonsistenter Daten an Aussagekraft, doch im September 2012 brachte eine Publikation im »British Medical Journal« Licht ins Dunkel. Sie lieferte die bislang stärksten Hinweise, dass zwischen den Medikamenten und Demenz ein kausaler Zusammenhang bestehen könnte.

Die Arbeit basiert auf der PAQUID-Kohortenstudie, die umfassende Beobachtungen an einer Gruppe von 3.777 Senioren über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten enthält. Das Team um Antoine Pariente (Université Victor Segalen de Bordeaux II) bildete für die Studie mehrere Untergruppen aus einer Auswahl von 1.063 Patienten beiderlei Geschlechts, durchschnittlich 78,2 Jahre alt, die zu Beginn keine Symptome einer Demenz aufwiesen. 95 Probanden begannen im Laufe des Beobachtungszeitraums mit der Einnahme eines Benzodiazepins. Insgesamt entwickelten 253 Teilnehmer eine Demenz. In der Benzo-Gruppe lag der Anteil mit 32 % deutlich höher als in der Vergleichsgruppe (23 %).

Bei der Datenanalyse berücksichtigten die Wissenschaftler eine Vielzahl anderer Faktoren, die bei Demenz eine Rolle spielen, darunter Bildungsstand, Konsum von Alkohol, Diabetes und die Einnahme von Medikamenten. Darüber hinaus zogen sie in Betracht, wann im Verlauf der Beobachtung die ersten Symptome auftraten. Bei Patienten, die schon früh (im vierten bis fünften Jahr) mit der Einnahme von Benzodiazepinen begonnen haben, ist die Häufigkeit um 60 % höher als in der Vergleichsgruppe. Der endgültige Nachweis, dass das Demenzrisiko durch Benzodiazepine steigt, ist dadurch zwar noch immer nicht erbracht, doch die Indizien sind stark. Die Durchführung einer prospektiven Studie, in der man den Teilnehmern Arzneimittel verabreicht, ohne dass sie aus therapeutischer Sicht indiziert sind, scheitert an den Grenzen der Ethik. Für die Forscher ist das Ergebnis aber ausreichend, um eine Neubewertung des Risikoprofils zu empfehlen.

Aktuell erhalten in Deutschland ca. 1,5 Millionen Patienten Benzodiazepine auf dauerhafter Basis auf Rezept, obwohl diese Mittel nicht für eine Langzeittherapie zugelassen sind. Die Folge: rund 1,2 Mio. Menschen sind, vorsichtigen Schätzungen zufolge, von den Medikamenten abhängig. Hinzu kommt eine hohe Zahl von Personen, die ihre Sucht über den Schwarzmarkt befriedigen. Wer etwa bei Google »Valium kaufen« eintippt, findet schnell eine Vielzahl von Angeboten.

Laurel Tordai
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https://benzodiazepine-info.com/demenzrisiko-durch-benzodiazepine

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