Do. Apr 25th, 2024

München/Zürich (ots) –

ESG-Produkte (Environmental, Social, Governance) erobern die Finanzwelt – erst im Asset-Management, dann im Corporate-Banking. Firmenkunden setzen immer häufiger auf Kredite und Anleihen, deren Konditionen auch vom Erreichen bestimmter ökologischer, sozialer oder ethischer Ziele abhängen. Allein in Europa hat sich das Volumen ESG-gebundener Kredite an Unternehmen innerhalb von zwei Jahren nahezu vervierfacht – von 27 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 102 Milliarden Euro 2019 (Abbildung). Im globalen Geschäft waren die Wachstumsraten noch höher. Zuletzt summierte sich das ESG-bezogene Emissionsvolumen auf 268 Milliarden Euro. Allerdings entspricht dies erst 1 Prozent aller Unternehmensanleihen. Groß ist daher das Wachstumspotenzial. Das sind Ergebnisse der Studie “Higher Value, Lower Risk: ESG Finance Moves to the Banking Mainstream” der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company.

“Angesichts der aktuellen Wachstumszahlen ist es eine Frage der Zeit, bis sich nachhaltige Finanzierungen im Alltag etablieren”, ist Dr. Christian Graf, Bain-Partner und Co-Autor der Studie, überzeugt. “Da sich die Ansprüche der Kunden verändern, verankern immer mehr Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Strategie. Sie setzen sich klare Ziele und starten entsprechende Projekte. Und von ihren Kreditinstituten erwarten sie, dass sie passende Finanzierungslösungen bereitstellen.” Dies biete Banken auch die Chance, sich strategisch neu zu positionieren – und so neue Kunden und Marktanteile zu gewinnen.

Geringeres Ausfallrisiko

Allerdings stellen ESG-Finanzierungen die Bankbranche zunächst einmal vor neue Herausforderungen, denn die Institute müssen die Angaben ihrer Kunden zur Nachhaltigkeit überprüfen und verfolgen. Doch dieser Mehraufwand rechnet sich. Das zeigt ein Vergleich der Risikokosten der 25 größten europäischen Banken mit denen der europäischen Mitglieder der Global Alliance for Banking on Values, einem Netzwerk von weltweit mittlerweile mehr als 60 auf Nachhaltigkeit spezialisierten Instituten. So kamen die der Global Alliance angeschlossenen europäischen Banken über die vergangenen fünf Jahre hinweg auf ein Drittel weniger Risikokosten als die Top 25.

“Offenkundig gibt es einen Zusammenhang zwischen dem ESG-Engagement und dem Risikoprofil von Unternehmen”, erklärt Bain-Partner und Bankenexperte Dr. Stefan Wörner. Wer seinen Energieverbrauch verringere, Abfallmengen reduziere oder seine Marke durch ESG-Initiativen stärke, dürfte finanzielle Erfolge verbuchen. “Führende Banken haben das Thema Nachhaltigkeit frühzeitig entdeckt”, so Wörner weiter. “Bei ihnen fließen bereits seit einigen Jahren ESG-Kriterien in den Kreditrisikoprüfungsprozess ein. Das ermöglicht es ihnen auch, sich vor potenziellen Imageschäden zu schützen, die durch die Finanzierung nicht ESG-konformer Assets entstehen könnten.”

Noch allerdings ist eine entscheidende Hürde zu nehmen. Durch die zunehmende Bedeutung des Themas in Politik und Öffentlichkeit sind viele unterschiedliche Reportingrichtlinien entstanden. Bislang gibt es keinen einheitlichen Standard für Unternehmen, was ESG-Konformität anbelangt. Die Bandbreite für Banken oder Investoren kann vom Ausschluss kontroverser Branchen bis hin zum sogenannten Impact Investing reichen. “Viele Kreditinstitute fragen sich, wie sie die Substanz ihrer ESG-Strategien messen und belegen sollen, um Greenwashing-Vorwürfe zu vermeiden”, sagt Wörner. “Sie sollten daher frühzeitig messbare Ziele in ihrer Strategie verankern und ihre Reportingprozesse darauf auslegen.”

Wachsender Bedarf

Banken sind rund um den Globus gefordert, ihre ESG-Kompetenz zügig auf- beziehungsweise auszubauen und insbesondere ihr Kreditgeschäft in diese Richtung zu entwickeln. Erfolgskritisch sind dabei drei Faktoren:

1. Passende Produkte. Nachhaltige Kredite müssen mehrere Bedingungen erfüllen. Klare Ziele sind ebenso erforderlich wie passende Kennzahlen, um die Fortschritte beispielsweise bei der Reduzierung von CO2-Emissionen zu messen. Unverzichtbar sind zudem einfache Monitoring- und Reportingprozesse.

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