Do. Mrz 28th, 2024

Auszug aus Robin
Die alten Geschichten erzählten, dass Drachen böse, gefährlich und gemein waren. Hätten sie Robin gekannt, hätten sie die Geschichten anders erzählen müssen.
Robin war zwar auch ein richtiger Drache, aber wesentlich kleiner als seine Artgenossen, jedoch konnte auch er Feuer spucken und hatte messerscharfe Zähne. Jedoch trat er jedem, egal ob Mensch oder Tier, freundlich gegenüber.
Seine Familie versuchte zwar, ihn davon zu überzeugen, wie ein richtiger Drache in ihren Augen – gemein und gefährlich– sein sollte, doch Robin hatte dazu keine Lust. Er war einfach nur nett und wollte Gutes tun. Er hatte keinerlei Aggression in sich. Er war der Meinung, dass Harmonie besser sei als Streit und Feindseligkeit.
Also verließ er seine Sippe, um sich auf die Reise zu machen. Er wollte einen Ort finden, wo er in Ruhe und Frieden leben konnte. Wo keiner glaubte, dass Drachen immer nur böse sind. Aber gab es so einen Ort überhaupt? Glaubten nicht alle nur das Schlechteste über diese Wesen? Um zu beweisen, dass es auch nette Drachen gab, machte er sich also auf den Weg.
Er wanderte über Berge und Täler, bis er an ein kleines Waldstück mit einem See und einer Höhle gelangte. Es gefiel ihm hier sofort, und er beschloss, erst einmal an diesem Ort zu bleiben.
Hier gab es alles, was er brauchte. In der Höhle hatte er genug Platz zum Schlafen, und das Gewässer war tief genug, um ein ausgedehntes Bad zu nehmen. Also der perfekte Ort.
Zwei Tage erholte er sich hier. Dann packte ihn die Neugierde und er wollte seine Umgebung erkunden. Auf seinen Streifzügen entdeckte er ein Dorf. Robin fand einen sicheren Platz, von dem er das Geschehen dort beobachten konnte, denn Menschen hatten ihn schon immer fasziniert.
Ein kleiner Junge fiel ihm dabei besonders auf. Er lachte viel und war zu allen freundlich und hilfsbereit. Er wollte ihn unbedingt kennenlernen. »Aber wie soll ich das machen?«, fragte Robin sich. »Sicher denken auch hier alle, dass wir böse sind«, hämmerte es in seinem Kopf. »Wie soll ich die Menschen nur überzeugen, dass ich anders bin?«
All diese Gedanken quälten ihn. Er wollte nicht mehr allein sein und endlich einen Freund haben. Wusste aber immer noch nicht, wie er es schaffen sollte, diesen kleinen Menschen kennenzulernen.
Robin beobachtete ihn Tag für Tag aus sicherer Entfernung und wartete auf eine passende Gelegenheit, wie er sich zeigen konnte. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, aber eines Tages ergab sich diese Möglichkeit.
Der Drache sah, wie der Junge allein in den Wald lief. Er folgte ihm unauffällig. Am See hielt er an und setzte sich ans Ufer. Robin versteckte sich hinter einem Strauch und machte sich so klein, wie es nur ging, damit er unentdeckt blieb.
»Jetzt oder nie«, schoss es ihm in den Kopf. »Aber wie mache ich es nur, ohne ihm Angst einzujagen?«
Robin kam zu dem Entschluss, den Jungen einfach anzusprechen und wollte dann abwarten, was passierte. Natürlich hatte er Angst, dass das Kind einfach weglief, wenn es ihn sah, aber das musste er einfach riskieren. Langsam und verdeckt durch Sträucher schlich er sich näher an. Er nahm all seinen Mut zusammen und sagte leise: »Hallo.«
Der Junge schaute sich verwundert um, und als er niemanden sah, fragte er zögerlich: »Wer ist da?«, doch es kam keine Antwort. Erneut fragte er: »Wer ist da, zeig dich, ich habe keine Angst«, doch auch hierauf erhielt er keine Antwort.
Der Junge wollte gerade gehen, als er wieder ein leises Hallo vernahm. Er schaute in die Richtung, aus der er die Stimme vermutete. Da er aber immer noch niemanden sehen konnte, bewegte er sich vorsichtig auf den Strauch zu, von wo er glaubte, die Stimme gehört zu haben.
Leise sagte er: »Wer ist da, zeig dich.«
»Bist du dir sicher?«, fragte Robin.
»Natürlich.«
»Also gut, aber du musst mir versprechen, dass du nicht schreist und fortläufst, wenn du mich siehst. Denn ich will dir nichts Böses tun, sondern dich nur kennenlernen. Ehrenwort«
»Jetzt mach es nicht so spannend. Ich verspreche dir, ich werde nicht schreien und auch nicht fortlaufen.«
Und als der Drache dann aus dem Schutz des Strauches heraustrat …
© Britta Kummer

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Britta Kummer ist Autorin. Sie schreibt Kinder-, Jugend- und Kochbücher, wurde in Hagen geboren und wohnt heute in Ennepetal. Inzwischen ist auch ein Buch zum Thema MS auf dem Markt.
Ihr Buch „Willkommen zu Hause, Amy” wurde im Januar 2016 mit dem Daisy Book Award ausgezeichnet. Der Kärntner Lesekreis „Lesefuchs“ vergibt in unregelmäßigen Abständen diese Auszeichnung für gute Kinder- und Jugendliteratur.
http://brittasbuecher.jimdo.com/
http://kindereck.jimdo.com/

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Kummer

Von Kummer

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