Do. Apr 25th, 2024

Kaum zurück vom Kuraufenthalt, ruft Tantchen an und informiert mich, dass sie im Februar für zwei Wochen einen Hausgast haben wird.
»I hob do an kenneng’lernt, den Hans-Dieter. A Deitscher hoid, oba des mocht jo nix!«
Jetzt möchte ich natürlich alles über Hans-Dieter und das Kennenlernen wissen, und die Tante gibt bereitwilligst, nach Prioritäten geordnet, Auskunft: Er sei gut situiert, Witwer, keine Kinder, einundsiebzig Jahre alt und stamme aus Düsseldorf. Kennengelernt habe man sich – wie könnte es anders sein – an der Hotelbar.
»Naujo, valiabt bin i ned«, resümiert die Tante, »oba der warad ka schlechte Partie! Und so oid is er jo a no ned!«
Als Hans-Dieter im Februar nach Wien kommt und mit der Selbstverständlichkeit eines gekrönten Hauptes das Schlafzimmer der Tante bezieht, ist sie kurz doch ein wenig irritiert, aber auch äußerst geschmeichelt. Ich lerne Hans-Dieter bei einer Einladung zum Heurigen persönlich kennen und wir verbringen einen lustigen, feuchtfröhlichen Abend zu dritt. Hans-Dieter scheint nett und kultiviert zu sein, die Tante ist wieder guter Stimmung und ich bin zufrieden.
Bald nach der Abreise der neu gewonnenen Liebschaft sinkt die Stimmung, und die Unzufriedenheit der Tante steigt wieder, aber immerhin kann sie sich auf ein paar Tage im Mai freuen. Da will sie mit der Bahn nach Berchtesgaden fahren, wird dort von Hans-Dieter mit dem Wagen abgeholt, und gemeinsam will man Richtung Süden über die Bergpässe bis Südtirol reisen.
»Elfielein, der Sex ist ja so schön mit dir!«, soll Hans-Dieter gesagt haben. Diese Information sprengt den Rahmen dessen, was ich wissen will.
»Najo, vü hot er ned z’ambrocht!«, erfahre ich weiter und versuche verzweifelt, mein Kopfkino auszuschalten.
Da bis zum Mai und zur geplanten Reise noch einige Zeit vergehen muss, greift die Tante die Idee, eine Annonce zu schalten, wieder auf.
»Lebenslustige 70erin sucht gut situierten Herrn zum Pferdestehlen «, oder so ähnlich soll die Anzeige lauten und ich frage mich insgeheim, woher die Tante den Mut nimmt, sich als Siebzigerin auszugeben.
»Nau waunn i schreib, doss i scho über Ochzig bin, möd’t si do kana. Und waunn, daunn nur a Oida, der a Pflegerin braucht. I bin do ned deppat! Na, an Pflegefoi brauch i ned am Hois!«, beantwortet sie meine nicht einmal laut gestellte Frage äußerst überzeugend. In diesem Moment nehme ich mir vor, meine Mimik künftig besser zu kontrollieren.
Ich weiß nicht, ob die Tante diese Annonce jemals auch aufgegeben hat, und wenn ja, ob sich viele Herren gemeldet haben. Aus irgendeinem Grund konnte ich der Tante die Antwort auf
meine diesbezüglichen Fragen nie entlocken.
Aber ich erfahre von einem Herrn, dessen Namen ich nicht mehr weiß oder der möglicherweise auch nie genannt wurde. Mit diesem Herrn traf sie sich am Eingang vom Tiergarten Schönbrunn.
»Nau, wia dea die Preise von de Eintrittskortn studiert hot, hob i ois g’wusst!« Der Herr entpuppte sich als Schnorrer und Tantchen bezahlte die Tickets. Später, nach dem gemeinsamen, kleinen Imbiss, stellte er fest, dass er leider seine Geldbörse daheim vergessen hatte, und Tantchen blieb nichts anderes übrig, als auch die gemeinsame Zeche zu bezahlen.
Weiters erfahre ich von einer anderen, sehr ähnlichen Episode aus ihrem Liebesleben. Der darin vorkommende Herr hatte zwar seine Geldbörse dabei, doch leider bei Weitem nicht genug Geld
darin, um die Tante zum Essen einzuladen und dann selbst noch mit dem Taxi heimzufahren. Letztendlich zahlte die Tante ihr Abendessen selber und fuhr mit der Straßenbahn nach Hause, derweil sich der Herr vom Taxi heimkutschieren ließ.
»I waß ned, wos des fia Männer san, heitzutog!«, ärgert sich Elfie immer wieder. »Und wia de olle daher kumman. Waunn ma zu an Rendezvous geht, mocht ma si doch a bissl schick, oder?«
Wenn ich Tante Elfies Erzählungen lausche, erscheint es mir auch so, als ob der letzte Gentleman den Planeten bereits verlassen hätte.
»Sag, was ist denn eigentlich aus dem Hans-Dieter geworden?«, will ich Monate später von ihr wissen.
»Nau nix, aus is!«, antwortet die Tante mit leicht grantigem Unterton. »Der is a a Trottl!« …
© Karina Moebius

Trailer:

Buchbeschreibung:
„I bin do ned dement!“ Für die immer lebenslustige und humorvolle Tante Elfie ist es absolut nicht einzusehen, dass sie plötzlich Hilfe im täglichen Leben brauchen soll. Sie liebt attraktive Männer, ihren Lippenstift und den Grünen Veltliner. Dass sie mittlerweile recht wunderlich geworden ist, bemerkt sie nicht.
Als letzte noch verbliebene Blutsverwandte verbringt ihre Großnichte im Laufe von einigen Jahren unzählige Stunden an der Seite der Tante Elfie; in guten, wie in schlechten Zeiten.
Humorvoll erzählt die Autorin über ihre manchmal skurrilen Erlebnisse mit der Tante und deren Demenzerkrankung und gibt dabei humorvolle Einblicke in ein langes und erfülltes Leben.
Taschenbuch: 240 Seiten
Verlag: Nova MD; Auflage: Erstauflage (29. September 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3961116938
ISBN-13: 978-3961116935

Mehr über die Autorin unter:
http://www.karinamoebius.com/

Firmeninformation:
Britta Kummer ist Autorin. Sie schreibt Kinder-, Jugend- und Kochbücher, wurde in Hagen geboren und wohnt heute in Ennepetal. Inzwischen ist auch ein Buch zum Thema MS auf dem Markt.
Ihr Buch „Willkommen zu Hause, Amy” wurde im Januar 2016 mit dem Daisy Book Award ausgezeichnet. Der Kärntner Lesekreis „Lesefuchs“ vergibt in unregelmäßigen Abständen diese Auszeichnung für gute Kinder- und Jugendliteratur.
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Kummer

Von Kummer

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